Betreff
Erlass einer Verordnung über die Kastrations- u. Kennzeichnungspflicht von Katzen im Gebiet der Samtgemeinde Fürstenau, die sich außerhalb der Wohnungen ihrer Halterinnen und Halter bewegen
Vorlage
FB 2/018/2013
Art
Beschlussvorlage Fürstenau

 

Seit geraumer Zeit wird durch Tierschutz- bzw. Katzenschutzorganisationen vermehrt über die Notwendigkeit einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen diskutiert. Hintergrund hierfür ist die angestiegene Zahl verwilderter Hauskatzen in bestimmten Bereichen sowie die erschöpften Aufnahmekapazitäten in Tierheimen. So hat auch in der Samtgemeinde die Zahl der ausgesetzten, herrenlosen und verwildert lebenden Katzen und die damit einhergehenden Probleme in starkem Maße zugenommen. Die betroffenen Tiere pflanzen sich unkontrolliert fort und müssen teilweise unter erbärmlichen und tierschutzwidrigen Umständen ihr Leben fristen. In Folge der hohen Katzenpopulation ist die Aufnahme von Tieren durch den Tierschutzverein Osnabrück-Hellern vor allem in den Monaten Februar und August wegen Überfüllung nur noch schwer möglich. Die dort tätigen Helfer kommen immer wieder an die Grenze des Machbaren.

Der Tierschutzverein Osnabrück verfügt nur über begrenzte Kapazitäten und ist primär zuständig für den Bereich der Stadt Osnabrück und Umgebung.

 

Durch die weiter bestehende hohe Populationsdichte sind neben den finanziellen Aufwendungen im Bereich des Fundwesens (verantwortlich: Samtgemeinde Fürstenau) und des Tierschutzes (verantwortlich: Landkreis Osnabrück) folgende Probleme, die eine abstrakte Gefahr im Sinne des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) darstellen, zu erwarten:

 

1. Gesundheitliche Gefahren für den Menschen

 

Gesundheitliche Gefahren ergeben sich für den Menschen aus der möglichen Ansteckung mit sog. Zoonosen, d.h. mit Erkrankungen, die von der Katze zum Menschen übertragen werden können (z.B. Infektionen mit Viren, Bakterien, Pilzen oder Parasiten). Die Ansteckung erfolgt über direkten Kontakt (z.B. Pilzinfektionen, Toxoplasmose, Chlamydieninfektion, Bartonellose). Da Katzen ihre Exkremente in lockerem Erdreich vergraben, sind häufig Sandkästen betroffen, weshalb für Kinder ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Mit zunehmender Anzahl von infizierten Katzen ist insgesamt auch mit einem Anstieg des Infektionsrisikos für Menschen zu rechnen.

 

2. Leiden kranker Katzen

 

Auch im hiesigen Raum sind Katzenkrankheiten verbreitet, die ohne Impfung kaum zu verhindern und ohne Therapie kaum beeinflussbar sind. Hierzu zählen vorrangig der Katzenschnupfen, die Katzenseuche, die Leukose, die feline infektiöse Peritonitis (FIP), das feline Immunodeficiency-Virus (FIV, umgangssprachliche Katzenaids). Da es sich hierbei um virale Erkrankungen handelt, besteht eine hohe Ansteckungsgefahr von Katze zu Katze, sofern die Tiere nicht durch Impfungen geschützt sind. Letzteres ist jedoch bei wildlebenden freilaufenden Katzen, insbesondere bei massiven Populationssteigerungen in der Nähe von Wohnsiedlungen nicht gegeben, wenn die Tiere lediglich mit Futter versorgt, aber ansonsten nicht betreut werden. Bei mangelernährten Tieren besteht auch ein zusätzliches Infektionsrisiko für nichtvirale Erkrankungen, wie z.B. Pilzinfektionen oder ein Befall mit Ektoparasiten. Weil erkrankte wildlebende Tiere in der Regel nicht tierärztlich behandelt werden, resultiert hieraus ein erhebliches Leiden für diese Tiere.

 

Zu 1. und 2.:

Da die Fortpflanzung trotz dieser oft mit schwerwiegenden gesundheitlichen Symptomen verbundenen Erkrankungen oder durch Mangelernährung nicht gemindert wird, ist bei nicht kastrierten Populationen auf die Folgewirkungen hinzuweisen.

Die Populationen vergrößern sich trotz Infektionen und/oder anderer Erkrankungen und trotz Mangelernährung weiter. Bei geschwächten Katzen kommen oft mehrere Infektionen nebeneinander vor, auch die unter Nr. 1 genannten, für den Menschen bedeutsamen Erkrankungen. Durch eine größere Anzahl infizierter Katzen steigt das Infektionsrisiko für den Menschen. Durch das mit zunehmender Tierzahl knapper werdende Nahrungsangebot und dem Umstand, dass die Tiere aufgrund der Symptome (z.B. bei Katzenschnupfen u.a. durch Entzündungen von Augen und Nase) und durch Sekundärinfektionen nicht mehr in der Lage sind, Beutetiere zu jagen, gehen viele der infizierten Katzen ohne Behandlung elendig zugrunde.

 

3. Belästigung der Bevölkerung

 

Exkremente und andere Ausscheidungen, die Katzen hinterlassen, sind vielfach Thema von Beschwerden aus der Bevölkerung. Daneben werden auch das „Mitansehenmüssen“ von leidenden Katzen, das Auffinden von toten Tieren und das Betteln von freilaufenden und oftmals mangelernährten Katzen nach Futter problematisiert. Der gefahrenabwehrrechtliche Aspekt liegt hierbei nicht auf den Katzen, sondern auf dem Schutz der Bevölkerung vor moralischen und hygienischen Zumutungen durch diese Tiere. Dieser Punkt erhält dadurch Gewicht, dass sich der Einzelne gegen diese Belästigungen kaum schützen kann. Katzen agieren grundsätzlich ortsgebunden, überwinden problemlos Grundstückseinfriedungen und lassen sich nur schwer vertreiben. Es ist davon auszugehen, dass derartige Belästigungen durch eine weiterhin wachsende Katzenpopulation zunehmen werden.

 

4. Mögliche Dezimierung der Singvogelpopulation

 

Bei einer hohen Überpopulation von verwilderten Katzen gehen Fachleute davon aus, dass auch eine Dezimierung des Singvogelbestandes erfolgen kann.

Erheblich erkrankte Tiere sind zu versorgen, unabhängig von ihrer Eigenschaft als Fundtiere oder herrenlose Tiere, zumal deren Unterscheidung nicht immer deutlich gelingt.

Neben den genannten Problemen führt der Anstieg der Katzenpopulation auch zu steigenden Ausgaben der öffentlichen Hand für Fundtiere, die Versorgung erkrankter Tiere und den Überprüfungsaufwand bei Bürgerbeschwerden.

Es hat sich gezeigt, dass die bisher betriebenen und weiterhin laufenden Kastrationen herrenloser Katzen durch die Tierschutzvereine für sich allein gesehen nicht geeignet sind, wirkungsvoll und dauerhaft eine Stabilisierung der Population auf niedrigem Stand zu gewährleisten.

Durch die Einführung einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht kann ein weiteres Anwachsen der Population eingedämmt und aufgefundene Hauskatzen können ihren Eigentümern schneller zurückgegeben werden. Dies minimiert die Kosten bei den Gemeinden, den Tierschutzorganisationen und den betroffenen Katzenhaltern. Primär zuständig für die Schaffung einer Gefahrenabwehrverordnung sind die Gemeinden in ihrem Gebiet. Der Landkreis ist zuständig, wenn es sich um eine gemeindeübergreifende Gefahr handelt. Nach einer Umfrage des Landkreises Osnabrück unter allen kreisangehörigen Städten und Gemeinden wurde jedoch mitgeteilt, dass von einer Mehrzahl der Kommunen kein dringender Handlungsbedarf gesehen wird. Zwischenzeitlich haben die Samtgemeinden Bersenbrück und Artland, sowie die Stadt Osnabrück eine entsprechende Satzung erlassen. Die Samtgemeinde Fürstenau ist daher gefordert, selbst tätig zu werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Probleme immer drängender werden und mit möglichen Regelungen auf Bundes- oder Landesebene nicht zu rechnen ist.

 

Die zu treffenden Maßnahmen erfüllen die folgenden Kriterien: sie sind rechtmäßig, verhältnismäßig, angemessen, zulässig und von öffentlichem Interesse. Hierzu liegt ein veröffentliches Gutachten „Kastrationspflicht für Freigängerkatzen“ von Rechtsanwalt Dr. Kuettner, Düsseldorf vor.

Der Bestand verwilderter unkastrierter Katzen als auch der Bestand nur locker über Futterangebote an den Menschen gewohnter unkastrierter Katzen ergänzt sich ständig aus den vorhandenen Freigängerkatzen, deren Nachkommen nicht in menschlicher Obhut aufgenommen werden. Durch das Kastrations- und Kennzeichnungsgebot für freilaufende, in Obhut des Menschen gehaltene Katzen, können die geschilderten Probleme abgeschwächt werden.

 

Das Kastrations- und Kennzeichnungsgebot verstößt auch nicht gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen. Im Gegenteil, die Regelungen stehen vielmehr mit dem Tierschutzgesetz (vgl. § 1) ausdrücklich im Einklang.

Aus veterinärmedizinischer Sicht ist die Kastration ab dem Ende des 3. Lebensmonats möglich. Die Geschlechtsreife kann ab dem 5. Lebensmonat eintreten, so dass ab diesem Zeitpunkt die Kastration erfolgen soll.

 

Die Frühkastration befürworten u.a.

  • die Bundestierärztkammer
  • die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V.
  • die Tierärztekammer Niedersachsen
  • der Deutsche Tierschutzbund e.V.
  • die Tierschutzvereine wie z.B. auch der Tierschutzverein Bersenbrück e.V.
  • der Bundesverband praktizierender Tierärzte, LV Niedersachsen und Bremen e.V.
  • das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung
  • der Niedersächsische Städtetag
  • der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund
  • der Niedersächsische Landkreistag
  • der LV Niedersachsen des Deutschen Tierschutzbundes e.V.
  • der Verband Niedersächsischer Tierschutzvereine
  • der Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen
  • das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

 

Insbesondere wird von diesen die Aufnahme der genannten Gebote in die ordnungsbehördlichen Verordnungen der Kommunen befürwortet.

Eine flächendeckende Kastration auf freiwilliger Basis wird als nicht effektiv beurteilt. Dies zeigt sich daran, dass Angebote in der Vergangenheit, die auf die Freiwilligkeit der Katzenhalterinnen und Katzenhalter abzielten, erfolglos blieben, obwohl den Betroffenen die Kostenübernahme (teilweise) zugesichert wurde. Soweit Hauskatzen so gehalten werden, dass sie nicht ins Freie gelangen können, bedarf es keiner Kastration. Die Katzenhalterinnen und -halter können somit bereits durch entsprechende Haltung dem Gebot, die Katze kastrieren und kennzeichnen zu lassen, entgehen.

Die Formulierungen in § 1 Abs. 3 und 4 der Verordnung ermöglichen zudem, über den Fall der Zuchtkatzen hinaus, in weiteren besonderen Fällen Katzenhalterinnen und -halter von der Pflicht zu Kastration und Kennzeichnung zu befreien. Dies könnte beispielsweise für Landwirtschaftsbetriebe gelten, die auf Katzennachwuchs im gewissen Rahmen angewiesen sind, oder aber wenn der Tierhalter seine Katze erst geschlechtsreif und erwachsen werden lassen will und zu einem späteren Zeitpunkt als in der Verordnung festgelegt ist kastrieren lassen will. Von der Kennzeichnungspflicht mittels Chip könnte z.B. befreit werden, wer seine Katze vor Inkrafttreten der Verordnung bereits tätowieren lassen hat.

Wenn mit dem Erlass der Verordnung eine Sensibilisierung der Katzenhalter für die geschilderten Probleme erreicht wird, wäre dies bereits ein Erfolg. Es wird nicht verkannt, dass aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen die Durchsetzung der Verordnung schwierig werden wird. So dürfte z.B. die Klärung der Eigentümerstellung oder Haltereigenschaft von nicht kastrierten Katzen-Freigängern vielfach nicht möglich sein, weil es anders als bei Hunden kein entsprechendes Halterverzeichnis gibt. Überdies muss grundsätzlich in Erwägung gezogen werden, dass aufgegriffene Katzen ausnahmsweise entlaufen und damit keine Freigänger im eigentlichen Sinn sein könnten. Weiter ist anzunehmen, dass die Personen, die Katzen regelmäßig füttern oder Futter regelmäßig im Freien bereitstellen, sich nicht die Mühe machen werden, zu kontrollieren, ob die Tiere kastriert sind, geschweige denn, diese kastrieren zu lassen. In § 1 Abs. 2 der Verordnung wird daher geregelt, dass die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht auch für Personen gilt, die einer freilaufenden Katze regelmäßig Futter zur Verfügung stellen.

Jedoch ist der Erlass einer Verordnung sicherlich als ein wichtiger Schritt zur Eindämmung der Überpopulation im Samtgemeindegebiet zu sehen. Eine Alternative ist nicht ersichtlich. Der Erlass der im Entwurf beigefügten Verordnung wird deshalb vorgeschlagen.

 


(Bojer)

(Wagener)

(Selter)

Fachbereich 2

Fachdienst II

Samtgemeindebürgermeister

 

 

Anlagen

Entwurf Verordnung Kastrationspflicht von Katzen


Beschlussvorschlag:

Die Verordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von Katzen im Gebiet der Samtgemeinde Fürstenau, die sich außerhalb der Wohnungen ihrer Halterinnen und Halter frei bewegen, wird in der vorliegenden Form beschlossen.


Finanzielle Auswirkungen:

In Einzelfällen kann die Durchsetzung der Regelungen im normalen Verwaltungs- und Vollzugsdienst sichergestellt werden. Für größere Aktionen und Kontrollen müsste jedoch eine Aufstockung der Zeitanteile des eingesetzten Personals erfolgen. Da größere Kontroll- und Überwachungsaktionen jedoch nicht beabsichtigt sind, kann davon ausgegangen werden, dass sich aus dem Erlass der Verordnung keine wesentlichen Mehrkosten ergeben werden.

Andererseits müssten künftig bei einer weiter ansteigenden Populationsdichte der betroffenen Tiere steigende Beträge für die Unterbringung und tierärztliche Versorgung (hierzu ist die Fundbehörde nach Urteil des OVG Lüneburg vom 23.04.2012 verpflichtet) aufgewendet werden.

 

 

 

 

(Ahrend)

Fachdienst I