Sitzung: 21.12.2022 Gemeinderat Bippen
Beschluss: einstimmig
Abstimmung: Ja: 12
Vorlage: FG 60/004/2022
Der vorliegende Entwurf der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach §§ 6 und 6b NKAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde Bippen (Straßenausbaubeitragssatzung) wird unter Berücksichtigung der folgenden Punkte als Satzung beschlossen:
- Die Regelung zur Minderung des beitragsfähigen Aufwandes um Kosten für die Beseitigung von belasteten Bodenmaterial/Bauschutt/Straßenaufbruch wird in die Straßenausbaubeitragssatzung aufgenommen (§ 3 Abs. 4 des Entwurfs).
- Der Vorabzug eines Anteils vom Gesamtaufwand
wird in Höhe von 25 v. H. in die Straßenausbaubeitragssatzung aufgenommen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs). - Zuschüsse Dritter sind, soweit der Zuschussgeber nichts anderes bestimmt hat, zunächst zur Deckung des beitragsfähigen Aufwandes im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 / Satz 2 zu verwenden.
- Eine Eckgrundstücksvergünstigung wird in die
Straßenausbaubeitragssatzung aufgenommen.
Der Anteil je öffentlicher Einrichtung ist mit 60 % anzusetzen.
Die Regelung gilt auch für gewerblich genutzte Grundstücke und Grundstücke im Kern-, Gewerbe-, Industrie- und Sondergebieten.
(§ 9 des Entwurfs)
5. Verrentungen werden zugelassen und entsprechende Regelungen in die Straßenausbaubeitragssatzung aufgenommen. Die Jahresleistung muss mindestens 250,00 € betragen. Der jeweilige Restbetrag wird mit 3 Prozent über dem Basiszinssatz verzinst. (§ 14 Abs. 2 – 5 des Entwurfs)
Sofern eine Gemeinde eine vorhandene Straße erweitert, erneuert oder
verbessert, kann sie die Anlieger durch sogenannte Straßenausbaubeiträge an den
Kosten beteiligen. Die zugehörige rechtliche Begründung findet sich in dem
Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz (NKAG). Wie die Beiträge vor Ort
erhoben werden, regelt dann eine entsprechende Straßenausbaubeitragssatzung der
jeweiligen Kommune. Unter anderem wird dort auch die Aufteilung der Kosten
zwischen den Anliegern und der Kommune festgesetzt. Abhängig ist dies von den
betreffenden Teileinrichtungen und der Verkehrsbedeutung der Straße.
Aufgrund der teilweise sehr hohen finanziellen Belastung der Anwohner,
wurde in den vergangenen Jahren jedoch vermehrt in der Öffentlichkeit eine
Abschaffung bzw. Änderung dieser Straßenausbaubeiträge diskutiert.
Das Land Niedersachsen hielt an dem geltenden Straßenausbaubeitragsrecht
allerdings fest und nahm einige Änderungen vor, um die Beiträge flexibler
gestalten zu können. In diesem Zuge wurde der § 6b in das Niedersächsische
Kommunalabgabengesetz (NKAG) aufgenommen. Von diesem kann eine Kommune Gebrauch
machen, eine Pflicht besteht aber nicht.
Mit der Aufnahme des § 6b NKAG wurden drei rechtslogisch
aufeinanderfolgende Schritte zur Flexibilisierung der Straßenausbaubeiträge
eingeführt.
In einem ersten Schritt sollen noch vor der Durchführung der
betragsfähigen Maßnahme die Beitragspflichtigen möglichst frühzeitig über die
Einzelheiten des Vorhabens informiert werden. Dem folgt die Möglichkeit einer
Entlastung der Beitragspflichtigen durch eine direkte Reduzierung des
beitragsfähigen Aufwandes und durch die Anrechnung Zuschüssen Dritter. Im
letzten Schritt soll schließlich eine wirtschaftliche Überforderung der
Beitragspflichtigen vermieden werden, bei denen die Begleichung des auf sie
entfallenden Beitrags finanzielle Schwierigkeiten begründen kann.
Der erste Schritt der frühzeitigen Anliegerinformation findet sich im §
6b NKAG als Soll-Regel wieder. Dies wurde entsprechend des Satzungsmusters des
Städte- und Gemeindebundes als konkrete Regelung in den Satzungsentwurf mit
aufgenommen. Bislang hat die Verwaltung regelmäßig vor Beginn einer
beitragsfähigen Straßenausbaumaßnahme die Anlieger in Versammlungen über die
Art des Ausbaus und die für sie entstehenden beitragsrechtlichen Auswirkungen
informiert. Allerdings sieht die Einführung des § 6b NKAG vor, dass diese
Anliegerinformation bereits drei Monate vor Beginn einer beitragsfähigen
Maßnahme zu erfolgen hat. Da jedoch zu diesem Zeitpunkt verlässliche Prognosen
der Beitragshöhen nur schwerlich möglich sind, können diese nur grob
eingeschätzt werden.
Weiter ermöglicht der § 6b NKAG den Gemeinden im zweiten Schritt durch
Satzung für Verkehrsanlagen festzulegen, dass der „Bemessung der Beiträge nach
Vorteilen nur ein Teil des gemäß § 6 Abs. 3“ NKAG „ermittelten Aufwandes
zugrunde gelegt wird“. Durch einen solchen Entschluss der Gemeinde, nämlich
einen bestimmten Teil des beitragsfähigen Aufwandes durch eine
Satzungsvorschrift selbst zu übernehmen, würde sich der Eigentümeranteil
entsprechend vermindern. Die damit erzielte Entlastung des beitragspflichtigen
Anliegers durch eine Reduzierung des Eigentümeranteiles geht jedoch vollständig
zulasten der Gemeinde.
Der Satzungsentwurf enthält daher einen optionalen
Formulierungsvorschlag, sofern der Beschluss gefasst wird, eine solche Regelung
aufzunehmen. Mit Blick auf die derzeitig schwer abzusehenden finanziellen
Entwicklungen der Finanzen der Gemeinde sowie der nicht einzuschätzenden
finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie, wird von Seiten der Verwaltung darauf
hingewiesen, dass eine sorgfältige Abwägung erfolgen sollte.
Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass der beitragsfähige Aufwand für
eine Straßenausbaumaßnahme um die Kosten reduziert wird, die für den
Abtransport und die Entsorgung von bestimmtem belasteten Bodenmaterial und
Straßenaufbruch anfallen. Auch dies würde zu einer Reduzierung des
beitragsfähigen Aufwandes führen und wurde entsprechend als Vorschlag in die
Satzung unter § 3 Abs. 4 aufgenommen.
Hintergrund hierfür ist, dass das Altmaterial früher als Unterbau für
die neue Straße wieder eingebaut werden durfte und auch wurde. Da dies durch
die Änderung der gesetzlichen Vorgaben mittlerweile nicht mehr zulässig ist,
darf Material, welches besonders belastet ist, nicht mehr verbaut werden und
muss kostenintensiv entsorgt werden. So ist davon auszugehen, dass in den
älteren Straßen bis Mitte der 80er Jahre belastete Stoffe verbaut wurden. In
später hergestellten Straßen sollten diese jedoch nicht mehr vorzufinden sein.
Dadurch könnte es zukünftig bei den zu sanierenden und abzurechnenden Straßen
trotz großer Ähnlichkeiten der baulichen Ausgestaltung zu stark voneinander
abweichenden Beitragsbelastungen für die Anlieger kommen. Ausschlaggebend ist
der Umfang des eingebauten belasteten Materials. Um diese aus Anliegersicht
schwer zu vermittelnde Ungleichbelastung abzufedern, könnte sich die Gemeinde
entschließen, den beitragsfähigen Aufwand um diese Mehrkosten zu mindern.
Bislang haben einige umliegende
Nordkreiskommunen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und sie in ihre
Satzung aufgenommen. Erfahrungswerte oder entsprechende
Muster-Satzungsregelungen liegen hierzu jedoch noch nicht vor. Ebenso würde die
Höhe der Aufwendungen von Fall zu Fall variieren, sodass sie vorab nicht
geschätzt werden können, sondern erst bei Durchführung der Maßnahme feststehen.
Zudem bietet der § 6b Abs. 1 Satz 2 NKAG
eine weitere Entlastungsmöglichkeit für die Beitragspflichtigen. Bislang sind
Zuschüsse Dritter nach § 6 Abs. 5 Satz 5 NKAG, soweit der Zuschussgeber nichts
anderes bestimmt hat, zunächst zur Deckung des Gemeindeanteils einzusetzen. Mit
der Gesetzesänderung können Gemeinden von dieser Regelung jetzt aber abweichen,
indem Zuschüsse Dritter gemäß der oben genannten Regelung nicht vom
Gemeindeanteil, sondern vom gesamten beitragsfähigen Aufwand abgezogen werden,
soweit der Zuschussgeber nichts anderes bestimmt hat. So würde auch der Beitragspflichtige
durch den Zuschuss eine Entlastung erfahren. Für beide Möglichkeiten sowohl
nach § 6 Abs. 5 Satz 5 NKAG als auch nach § 6b Abs. 1 Satz 2 NKAG sieht der
Satzungsentwurf einen entsprechenden Vorschlag vor. Im Zuge der
Beschlussfassung ist eine Variante zu bestimmen.
Weiterhin wird durch § 6b Abs. 2 NKAG die
Zulässigkeit von tiefenmäßigen Begrenzungen und Eckgrundstücksvergünstigungen klargestellt.
Die bisher enthaltene Tiefenbegrenzung in der Satzung wurde angepasst. Da eine
Eckgrundstücksvergünstigung in der Satzung bislang nicht enthalten war, wurde
in § 9 ein Entwurf für eine Vergünstigungsregelung zulasten der Gemeinde
aufgenommen. Sie orientiert sich in ihrer Formulierung an der
Vergünstigungsregelung der Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde Bippen.
Ebenfalls eröffnet § 6b Abs. 4 Satz 1 NKAG
eine weitere Möglichkeit, eine wirtschaftliche Überforderung der
Beitragspflichtigen zu vermeiden. Die Gemeinde kann eine Verrentung zulassen,
wodurch der Beitrag in Form einer Rente gezahlt werden kann. Die Gemeinde ist
hierzu nicht verpflichtet, sondern kann innerhalb ihres Ermessens entscheiden,
ob sie dies zulassen will.
Für eine Verrentung ist ein Antrag
erforderlich. Hierbei bedarf es aber keinen Voraussetzungen, wie beispielsweise
der Begründung einer erheblichen Härte o. ä.. Die Laufzeit wird durch einen
Verrentungsbescheid festgelegt und liegt ebenfalls im Ermessen der Gemeinde,
darf 20 Jahresleistungen dabei aber nicht überschreiten.
Sofern die Gemeinde eine Verzinsung der
Restschuld fordert, darf sie die Zinsen in Höhe von bis zu drei Prozent über
dem zu Beginn des Jahres geltenden Basiszinssatz nach § 247 BGB festsetzen. In
diesem Punkt wird von der Verwaltung empfohlen, die Verrentung mit dem
höchstzulässigen Zinssatz zu verzinsen, da der Basiszinssatz in den vergangenen
Jahren immer im negativen Bereich lag. Im Falle einer Erhöhung des
Basiszinssatzes kann dann entsprechend über eine Anpassung des Zinssatzes im
Zuge einer Satzungsänderung nachgedacht werden.
Hinzuzufügen ist, dass der
Beitragspflichtige den jeweiligen Restbetrag zu jeder Zeit ohne weitere
Zinsverpflichtung tilgen kann. Ebenso wird der Restbetrag bei Veräußerung des
Grundstückes in voller Höhe fällig.
Geht eine Verrentung über die Dauer von zwei
Jahren, so sichert die Verwaltung die Verrentung über die gesamte Laufzeit,
indem sie bei der Verrentungsgewährung als Bedingung festsetzt, dass zur
Sicherung der Beitragsschuld eine Grundschuld (Sicherungshypothek) in das
Grundbuch des Schuldners eingetragen wird. Beitragsforderungen stellen bis zu
einer Laufzeit von zwei Jahren bevorrechtigte Forderungen dar und werden im
Falle einer Zwangsversteigerung bevorzugt aus der Versteigerungsmasse
befriedigt.
Neben diesen Neuerungen des § 6b NKAG finden
sich in der Satzungsänderung noch die notwendig gewordenen Änderungen durch die
Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts.
Die vorliegende Gegenüberstellung weist die
Änderungen bzw. Ergänzungen in der Neufassung unterstrichen auf. Um den Umfang
der Vorlage zu reduzieren, sind nur die Bestimmungen der derzeitigen
Straßenausbaubeitragssatzung aufgeführt, für die eine Änderung vorgeschlagen
wird.
Der Rat beschließt einstimmig (12 Ja-Stimmen):