Der Rat
beschließt einstimmig (13 Ja-Stimmen):
- Die Gemeinde
Berge stimmt zu, dass die innogy Netze Deutschland GmbH die in ihrem
Eigentum stehenden örtlichen Strom- und Gasverteilnetze der allgemeinen
Versorgung einschließlich der entsprechenden Konzessionsverträge im Sinne
des § 46 Abs. 2 EnWG in eine Netzgesellschaft mit Sitz im Landkreis
Osnabrück gemäß dem vorgestellten Konzept einbringt.
- Die Gemeinde
Berge ist bereit, auf eine Ausübung von etwaigen vertraglich vereinbarten
Sonderkündigungsrechten vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit des jeweiligen
Konzessionsvertrages zu verzichten, sofern eine Umsetzung der
Netzgesellschaft einschließlich der Netz- und Konzessionseinbringung gemäß
Ziffer 1 erfolgt.
- Die
Verwaltung wird beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang
mit der Umsetzung der Beschlüsse zu Ziffer 1 und Ziffer 2 zu treffen.
Die Umsetzung der Energiewende erfordert ein sektorübergreifendes
Agieren zwischen den Bereichen Strom- und Wärmeversorgung sowie dem
Verkehrssektor und stellt erhebliche Anforderungen an die Weiterentwicklung der
Strom- und Gasverteilernetze sowie die sonstigen Versorgungsinfrastrukturen
über die Gemeindegrenzen hinweg. Dies betrifft insbesondere auch die
bedarfsgerechte Verzahnung zwischen energietechnischer und städtebaulicher
Planung. Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Versorgungssicherheit
im Landkreis auf Dauer sicher zu stellen. Zur Erreichung dieser Ziele sind eine
homogene Eigentümerstruktur sowie eine gewisse Einflussnahmemöglichkeit der
Kommunen auf die Netzentwicklung grundsätzlich von Vorteil.
Vor diesem Hintergrund verfolgt der Landkreis Osnabrück das Ziel, die
kommunalen Interessen zu bündeln und eine stärkere Einflussnahme auf die
energiewirtschaftliche Entwicklung im Landkreis zu ermöglichen. Dabei soll ein
wirtschaftlich attraktives und risikoarmes Kooperationsmodell für die Kommunen
des Landkreises entstehen und nachhaltig weiterentwickelt werden.
Um dem gesamten
Osnabrücker Land eine starke Verhandlungsposition sowie eine Mitgestaltung der
zukünftigen Netzentwicklung zu ermöglichen, hat der Landkreis Osnabrück mit
innogy die Eckpunkte eines Kooperationsmodells auf Grundlage eines
entsprechenden Konzeptvorschlages der innogy vorsondiert. Vor dem Hintergrund
der geplanten Übernahme der innogy SE durch die E.ON SE zur Jahresmitte 2019
wurden zunächst vorrangig die Gespräche mit der innogy SE geführt.
Das
Kooperationsmodell sieht eine Beteiligung der Kommunen des Landkreises und der
Bevos GmbH (Beteiligungsholding des Landkreises Osnabrück) an den innogy Strom-
und Gasnetzen im Landkreis Osnabrück vor. Der eigentliche Netzbetrieb wird im
Rahmen der Kooperation durch die Westnetz GmbH (100 prozentige innogy Tochter)
über ein Pachtverhältnis sichergestellt.
Die innogy gründet die „Netzgesellschaft GmbH & Co. KG“ (im
Folgenden: Netzgesellschaft) mit Sitz im Landkreis und bringt ihre Strom- und
Gasnetze zusammen mit den entsprechenden Konzessionsverträgen in diese
Gesellschaft ein, soweit die betreffenden Kommunen einer Übertragung der Netze
vorab zugestimmt haben. Parallel soll die Gründung der „Holding GmbH & Co.
KG“ (im Folgenden: Holding) durch die Bevos GmbH und die Kommunen erfolgen,
welche sich dem Kooperationsmodell von Beginn an anschließen möchten. Kommunen
können sich über eine Beteiligung an der Holding sofort am Netzeigentum
beteiligen. Kommunen, die dem Modell grundsätzlich zustimmen, können es sich
offenhalten, in welchem Umfang und wann sie Anteile erwerben möchten. Die Bevos
GmbH ist bereit, die auf die betreffenden Kommunen entfallenden Anteile
zunächst mit zu erwerben und für die Kommunen vorzuhalten, bis diese einen
Eigenerwerb wünschen.
Die Holding
erwirbt 50% der Gesellschaftsanteile an der Netzgesellschaft von innogy gegen
die Zahlung eines Kaufpreises. Die Berechnung des Wertes erfolgt nach den
Vorgaben der Strom- bzw. Gasnetzentgeltverordnung und birgt kaum
Diskussionspunkte. Nach den derzeit vorliegenden Zahlen ist ein Kaufpreis von
59,1 Mio. € ermittelt worden. Unter Berücksichtigung der Größe, der
Einwohnerzahl sowie der Katasterfläche ist für die Gemeinde Berge ein Anteil
von 2,1 Mio. € errechnet worden.
Die zukünftigen Rückflüsse
an die Holding bzw. die Kommunen werden maßgeblich durch die Höhe des
Pachtentgeltes beeinflusst. Die Pachtentgeltberechnung erfolgt auf Basis des
Bescheides der Bundesnetzagentur unter Berücksichtigung der Vorgaben der
Anreizregulierungsverordnung sowie der Strom- bzw. Gasnetzentgeltverordnung.
Auf Basis der vereinbarten Pachtentgeltberechnung erzielt die
Kooperationsgesellschaft eine für einen Netzeigentümer angemessene Verzinsung
auf das eingesetzte Kapital i.H.v. 2,1 Mio. € durchschnittlich 5,8%. Für die
Gemeinde Berge würde dieses bei einem Erwerb der Netze zu einer jährlichen
Ausschüttung von im Durchschnitt 115.000 € vor Kapitalertragssteuer in
den nächsten 20 Jahren führen.
Die entsprechenden
Einnahmen könnten allerdings auch nur erzielt werden, wenn es tatsächlich zu
einer Ausschüttung kommt. Grundsätzlich sollte man bedenken, dass das gesamte
Stromnetz auch unterhalten und für die Zukunft (digitales Stromnetz)
hergerichtet werden muss, so Bürgermeister Brandt.
Ferner ist laut
den Planungen des Landkreises angedacht, den Kommunalen Anteil an der
Netzgesellschaft später auf 74,9 % aufzustocken, was für die Gemeinde Berge
eine weitere Zahlung in Höhe von rund 1,1 Mio. € bedeuten würde.
Nach Auffassung
des Landkreises wäre eine Vollfinanzierung des Kaufpreises von 2,1 Mio. € durch
die Gemeinde Berge mit den jährlich prognostizierten Ausschüttungen möglich,
wenn die berechneten Annahmen so eintreten.
Die Gemeinde Berge
sieht dies eindeutig anders. Grundsätzlich handelt
sich bei einer Netzübernahme um eine unternehmerische Tätigkeit, welche auch
mit wirtschaftlichen Risiken für die Gemeinde Berge verbunden ist, so
Bürgermeister Brandt.
Die Gemeinde Berge
sieht viele Vorteile in der Übernahme der Netze durch eine Netzgesellschaft mit
größerem kommunalen Einfluss. Daher soll ein Grundsatzbeschluss zur Übertragung
der Konzessionen und Netze auf die Netzgesellschaft gefasst werden. Eine
Beteiligung an der Netzgesellschaft in dem oben beschriebenen Umfang von 2,1
Mio. € Investition, welche komplett fremdfinanziert werden müsste, wird derzeit
durch die Gemeinde Berge nicht
angestrebt.
Sollte die
Gemeinde Berge einen Eigenerwerb zu einem späteren Zeitpunkt wünschen, werden
die Anteile zunächst über die Bevos GmbH vorgehalten. Durch die Übertragung werden
die zu entrichtenden Konzessionsabgaben nicht beeinträchtigt, so Bürgermeister
Brandt.
Die Mitglieder des Rates sind sich einig, dass sich die Gemeinde Berge für eine Beteiligung an der Netzgesellschaft nicht so hoch verschulden sollte. Da genießen andere Investitionen und Projekte eine wesentlich höhere Priorität. Insgesamt erscheint eine Beteiligung an der Netzgesellschaft zu risikobehaftet. Es gibt durchaus Kommunen die sich an der Netzgesellschaft beteiligen möchten. Sollte sich die Gemeinde Berge daher später dazu entschließen die Anteile zu übernehmen, so kann sie dies auch machen.