Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 7, Enthaltung: 1

Der Ausschuss für Planen + Bauen / Umwelt + Wege empfiehlt mehrheitlich (7 Ja-Stimmen, 1 Enthaltung):

 

Der Rat der Gemeinde Berge beschließt für die im Vorentwurf (Lageplan) dargestellten Flächen gemäß § 35 Absatz 6 Baugesetzbuch (BauGB) die Außenbereichssatzung „Grafeld – Orthauser Straße“ in Berge, Gemeindeteil Grafeld aufzustellen.


Das Gebiet an der „Orthauser Straße“ in Berge, Gemeindeteil Grafeld weist die Besonderheit einer so genannten „Splittersiedlung“ auf. Da kein Bebauungsplan besteht, war bei vorangegangenen (Wohn-)Bauantragsverfahren bauplanungsrechtlich von Bedeutung, ob dieses Gebiet rechtlich als Außenbereich (§ 35 BauGB) oder als im Zusammenhang bebauter Ortsteil (§ 34 BauGB) zu bewerten ist.

 

Im Bereich des § 35 BauGB sind nur privilegierte Bauvorhaben zulässig, was in der Regel nur landwirtschaftliche Bauvorhaben beinhaltet. Nach § 34 BauGB sind innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile Vorhaben zulässig, wenn sie sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

 

In diesem Bereich ist jedoch die besondere Lage und Unterschiedlichkeit der Bebauung zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um eine gewachsene Ansiedlung von landwirtschaftlichen Betrieben und Wohnhäusern, die in den Jahren umgebaut, erneuert, erweitert oder ergänzt worden sind. Durch eben diese lückenlose und eingeteilte „Vermischung“ der einzelnen Einheiten entsteht der Eindruck, dass es sich hier um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil handelt. Die Gemeinde Berge mit Ratsbeschluss vom 15.05.2012 auch eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es sich nach hiesiger Auffassung um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil nach § 34 BauGB handelt.

 

Die Situation der ansässigen landwirtschaftlichen Betriebe ist dergestalt, dass nur noch ein landwirtschaftlicher Betrieb wirtschaftlich aktiv ist und Tiere hält. Weitere Betriebe und deren Stallungen waren zunächst verpachtet und/oder sind im Rahmen der Bauleitplanung zum Bebauungsplan Grafeld Nr. 6 „Erweiterung Baugebiet Holthöchte (Plaggenesch)“ aufgegeben worden.

 

Allerdings gibt es nunmehr nach Auffassung des Landkreises Osnabrück (als Bauaufsichtsbehörde) für den Bereich der „Orthauser Straße“ eine (baurechtlich) nachteilige Beurteilung. Es wird der Standpunkt vertreten, dass es sich bei diesem Gebiet nicht um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil handelt, sondern nach den derzeit rechtlichen Bestimmungen um einen Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB, wobei demzufolge nur privilegierte Bauvorhaben möglich sind.

 

Insgesamt bedürfen die zukünftigen Entwicklungen einer planungsrechtlichen Sicherheit bzw. sollen mit der Erstellung einer Außenbereichsatzung im planungs- und baurechtlichen Aspekt zusammengefasst und strukturiert dargestellt werden. Hierbei werden dann unbebaute Grundstücksflächen mit aufgenommen, die dann gegebenenfalls im Rahmen einer zukünftigen Bebauung auch nutzbar gemacht werden können.

 

Für bebaute Bereiche (z. B. Splittersiedlungen) im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, kann die Gemeinde gemäß § 35 Absatz 6 BauGB bestimmen, dass Wohnzwecken dienende Vorhaben (innerhalb der Siedlung) unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind. Der Gesetzestext hierzu lautet wie folgt:

 

Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

 

  1. sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,

 

  1. die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und

 

  1. keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.

 

Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend.

 

Dem Grunde nach, so Bürgermeister Brandt, ist es bedauerlich, dass für die weitere Antragstellung nunmehr diese Außenbereichssatzung aufgestellt werden muss. Im Rahmen der Vorgespräche mit dem Landkreis Osnabrück als Bauaufsichtsbehörde wurde mitgeteilt, dass die vorhandenen Bestandsgebäude (Schweinestall) zur Wohnnutzung umgebaut werden können, das bauliche Maß nach Art und Nutzung allerdings nicht verändert werden dürfe. Dies bedeutet für Antragsteller, dass hier keine Veränderung an der Form der Gebäude vorgenommen werden dürfe. Grundsätzlich wäre hier eine gesetzliche Regelung sinnvoll, falls landwirtschaftliche Betriebe ihre Grundstücksfläche für eine maßvolle Wohnbebauung nutzbar machen wolle, auch außerhalb der Erteilung einer Baugenehmigung nach § 35 BauGB („Altenteiler“).

 

Ratsherr Heskamp äußert Bedenken gegen die Außenbereichssatzung. Die Gemeinde Berge laufe Gefahr, dass in Zukunft immer mehr Außenbereichssatzungen erlassen bzw. Anfragen dahingehend gestellt werden, was aber auch gewisse ländliche Strukturen zerbrechen würde. Bürgermeister Brandt ergänzt, dass es sich bei diesem Bereich eindeutig um eine Splittersiedlung handelt.

 

Ratsherr Gappel stimmt den Argumentationen von Bürgermeister Brandt zu und möchte in diesem Zusammenhang festhalten, dass den Eigentümern doch die Möglichkeit zur Bebauung gewährt werden sollte. Die Beschwerden/negativen Äußerungen beziehen sich eher auf die gesetzliche Grundlage für die Bebaubarkeit im Außenbereich, also dem Baugesetzbuch.

 

Ratsherr Heskamp verweist nochmals auf die Problematik einer Außenbereichssatzung und man könne sich die Frage stellen: Wo fangen wir an, wo hören wir auf?! Man könne durchaus gewisse Bauchschmerzen bei so einer Projektierung bekommen.