Sitzung: 01.07.2020 Gemeinderat Berge
Beschluss: abgelehnt
Abstimmung: Ja: 5, Nein: 5, Enthaltung: 4
Vorlage: BER/008/2020
Das
Abstimmungsergebnis im Rat lautet (5 Ja-Stimmen, 5 Nein-Stimmen, 4
Enthaltungen):
Da das Abstimmungsergebnis eine
Stimmengleichheit vorweist, ist gemäß § 14 Absatz 3 der Geschäftsordnung des
Rates, des Verwaltungsausschusses, der Rechtsausschüsse und der Ausschüsse nach
besonderen Rechtsvorschriften der Gemeinde Berge der Antrag abgelehnt.
Der
Grundstückseigentümer seines im Geltungsbereich der 2. Änderung des
Bebauungsplanes Nr. 10 „Lingener Straße“ belegenen Grundstücks plant die
Nutzungsänderung von bisher gewerblich genutzten Flächen zu Wohnraum. Der
beauftragte Architekt hat mit Antrag vom 12.05.2020 folgende
Befreiung/Abweichung von den gestalterischen Festsetzungen des Bebauungsplanes
beantragt:
Der
Grundstückseigentümer plant die gewerblich genutzte Halle aus Gründen der
Umstrukturierung des gewerblichen Betriebes in Wohnungen umzubauen. Die genauen
Beweggründe hierzu können aus den Antragsunterlagen entnommen werden. Im
Bestand sind bereits zwei Wohneinheiten, wobei eine Wohneinheit (WE 2)
vergrößert und in der bisherigen Werkstatt zwei weitere kleine Wohneinheiten
geschaffen werden sollen (W E 3 + 4). Die bisher gewerblich genutzte Fläche
soll also in Wohnfläche geändert werden.
Der Bebauungsplan
sieht die Zulässigkeit von zwei Wohneinheiten je Gebäude vor. Daher wird um
Befreiung von den Festsetzungen der Wohneinheiten gebeten, damit insgesamt vier
Wohneinheiten geschaffen werden können.
Nach Nr. 7 der planungsrechtlichen Festsetzungen
der 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 10 „Gewerbegebiet Lingener Straße"
sind je Wohngebäude maximal zwei Wohnungen zulässig. Bei Doppelhäusern ist je
Doppelhaushälfte maximal 1 Wohnung zulässig.
Nach §
31 Absatz 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden,
wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
1.
Gründe
des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von
Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder
2.
die
Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die
Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigenden Härte
führen würde
und
wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den
öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Beigeordneter
Hömme teilt mit, dass dieser Antrag bereits kontrovers diskutiert wurde. Die
Gemeinde Berge hat das Grundstück, welches damals als Gewerbegrundstück
ausgewiesen wurde, günstig verkauft um Gewerbetreibende anzusiedeln. Ein durch
die Gemeinde aufgestellter und gültiger Bebauungsplan enthält nun mal
eindeutige planungs- und gestaltungsrechtliche Festsetzungen. Jetzt sollte die
Gemeinde Berge diese nicht wieder aufweichen, da in der Vergangenheit bereits
viele Einzelfallentscheidungen gefasst worden sind. Eine Umwandlung zur
Wohnbebauung sei hier nicht angemessen, damit das Gewerbe aufgegeben und der
Wohnbebauung zugeführt wird. Hier sollte eine grundsätzliche Entscheidung
getroffen werden und nicht, wie in anderen Fällen, durch die „einfache“
Anmeldung eines Gewerbes die Entscheidungsfindung unterlaufen werden. Jede
Festsetzung ist zu hinterfragen und die Gemeinde Berge ist im Allgemeinen nicht
mit Gewerbegrundstücken bzw. Grundstücken gesegnet. Wie soll man denn dann mit
den zukünftigen Anträgen umgehen, wenn bespielsweise noch mehr als die hier
beantragten Wohneinheiten errichtet werden sollen.
Insgesamt, so
Ratsherr Gappel, liegt es nicht an ihm zu bewerten, wer nun tatsächlich ein
Gewerbe betreibt oder nicht. Man kann die preislichen Entwicklungen der
damaligen Grundstücksverkäufe nicht mit denen von heute in Relation setzen.
Sowohl der Preis als auch die Verhältnisse (Änderung Bebauungsplan) haben sich
geändert. Es wäre schön, wenn sich alle Beteiligten (Gemeinde, Nachbarn etc.)
einigen würden.
Die
Argumentationen haben nichts mit entsprechenden Preisvergleichen zu tun, so
Beigeordneter Hömme, sondern es gehe hier vielmehr um das Prinzip und die zukünftig
(möglichen) Befreiungsanträge, die auf die Gemeinde Berge zukommen könnten.
Beigeordneter
Moormann verweist auf die Angaben des Antragstellers, wonach im Ursprung ein
produzierendes Gewerbe ausgeübt und auch jetzt weiterhin ausgeübt wird (Verkauf
von genormten Fertigteilen). Die zeitlichen Entwicklungen haben aber nunmehr zu
diesem Schritt geführt und es war so alles sicherlich nicht vorherzusehen.
Die Verkaufspreise
sind seinerzeit über einen Ratsbeschluss festgelegt worden. Der hier betroffene
Bereich ist durch die in 2019 beschlossene 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr.
10 „Gewerbegebiet Lingener Straße" in den planungs- und
gestaltungsrechtlichen Festsetzungen als Mischgebiet (MI) umgewandelt worden,
welche eine Wohnbebauung ermöglicht und war vorher als Gewerbegebiet (GE)
ausgewiesen, so Bürgermeister Brandt.
Bürgermeister Brandt stellt folgenden
Beschlussvorschlag zur Abstimmung vor:
Die Gemeinde Berge stimmt dem Antrag des Bauherrn auf
Befreiung/Abweichung von den Festsetzungen der 2. Änderung des Bebauungsplanes
Nr. 10 „Gewerbegebiet Lingener Straße“ in Berge hinsichtlich der Befreiung von
den bisher zulässigen max. 2 Wohnungen je Wohngebäude auf insgesamt 4 Wohnungen
gemäß § 31 Absatz 2 BauGB zu.