Beschluss: abgelehnt

Abstimmung: Ja: 5, Nein: 5, Enthaltung: 4

Das Abstimmungsergebnis im Rat lautet (5 Ja-Stimmen, 5 Nein-Stimmen, 4 Enthaltungen):

 

Da das Abstimmungsergebnis eine Stimmengleichheit vorweist, ist gemäß § 14 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Rates, des Verwaltungsausschusses, der Rechtsausschüsse und der Ausschüsse nach besonderen Rechtsvorschriften der Gemeinde Berge der Antrag abgelehnt.


Der Grundstückseigentümer seines im Geltungsbereich der 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 10 „Lingener Straße“ belegenen Grundstücks plant die Nutzungsänderung von bisher gewerblich genutzten Flächen zu Wohnraum. Der beauftragte Architekt hat mit Antrag vom 12.05.2020 folgende Befreiung/Abweichung von den gestalterischen Festsetzungen des Bebauungsplanes beantragt:

 

Der Grundstückseigentümer plant die gewerblich genutzte Halle aus Gründen der Umstrukturierung des gewerblichen Betriebes in Wohnungen umzubauen. Die genauen Beweggründe hierzu können aus den Antragsunterlagen entnommen werden. Im Bestand sind bereits zwei Wohneinheiten, wobei eine Wohneinheit (WE 2) vergrößert und in der bisherigen Werkstatt zwei weitere kleine Wohneinheiten geschaffen werden sollen (W E 3 + 4). Die bisher gewerblich genutzte Fläche soll also in Wohnfläche geändert werden. 

 

Der Bebauungsplan sieht die Zulässigkeit von zwei Wohneinheiten je Gebäude vor. Daher wird um Befreiung von den Festsetzungen der Wohneinheiten gebeten, damit insgesamt vier Wohneinheiten geschaffen werden können.

 

Nach Nr. 7 der planungsrechtlichen Festsetzungen der 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 10 „Gewerbegebiet Lingener Straße" sind je Wohngebäude maximal zwei Wohnungen zulässig. Bei Doppelhäusern ist je Doppelhaushälfte maximal 1 Wohnung zulässig.

 

Nach § 31 Absatz 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

 

1.    Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder

2.    die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder

3.    die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigenden Härte führen würde

 

und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

 

Beigeordneter Hömme teilt mit, dass dieser Antrag bereits kontrovers diskutiert wurde. Die Gemeinde Berge hat das Grundstück, welches damals als Gewerbegrundstück ausgewiesen wurde, günstig verkauft um Gewerbetreibende anzusiedeln. Ein durch die Gemeinde aufgestellter und gültiger Bebauungsplan enthält nun mal eindeutige planungs- und gestaltungsrechtliche Festsetzungen. Jetzt sollte die Gemeinde Berge diese nicht wieder aufweichen, da in der Vergangenheit bereits viele Einzelfallentscheidungen gefasst worden sind. Eine Umwandlung zur Wohnbebauung sei hier nicht angemessen, damit das Gewerbe aufgegeben und der Wohnbebauung zugeführt wird. Hier sollte eine grundsätzliche Entscheidung getroffen werden und nicht, wie in anderen Fällen, durch die „einfache“ Anmeldung eines Gewerbes die Entscheidungsfindung unterlaufen werden. Jede Festsetzung ist zu hinterfragen und die Gemeinde Berge ist im Allgemeinen nicht mit Gewerbegrundstücken bzw. Grundstücken gesegnet. Wie soll man denn dann mit den zukünftigen Anträgen umgehen, wenn bespielsweise noch mehr als die hier beantragten Wohneinheiten errichtet werden sollen.

 

Insgesamt, so Ratsherr Gappel, liegt es nicht an ihm zu bewerten, wer nun tatsächlich ein Gewerbe betreibt oder nicht. Man kann die preislichen Entwicklungen der damaligen Grundstücksverkäufe nicht mit denen von heute in Relation setzen. Sowohl der Preis als auch die Verhältnisse (Änderung Bebauungsplan) haben sich geändert. Es wäre schön, wenn sich alle Beteiligten (Gemeinde, Nachbarn etc.) einigen würden.

 

Die Argumentationen haben nichts mit entsprechenden Preisvergleichen zu tun, so Beigeordneter Hömme, sondern es gehe hier vielmehr um das Prinzip und die zukünftig (möglichen) Befreiungsanträge, die auf die Gemeinde Berge zukommen könnten.

 

Beigeordneter Moormann verweist auf die Angaben des Antragstellers, wonach im Ursprung ein produzierendes Gewerbe ausgeübt und auch jetzt weiterhin ausgeübt wird (Verkauf von genormten Fertigteilen). Die zeitlichen Entwicklungen haben aber nunmehr zu diesem Schritt geführt und es war so alles sicherlich nicht vorherzusehen.

 

Die Verkaufspreise sind seinerzeit über einen Ratsbeschluss festgelegt worden. Der hier betroffene Bereich ist durch die in 2019 beschlossene 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 10 „Gewerbegebiet Lingener Straße" in den planungs- und gestaltungsrechtlichen Festsetzungen als Mischgebiet (MI) umgewandelt worden, welche eine Wohnbebauung ermöglicht und war vorher als Gewerbegebiet (GE) ausgewiesen, so Bürgermeister Brandt.

 

Bürgermeister Brandt stellt folgenden Beschlussvorschlag zur Abstimmung vor:

 

Die Gemeinde Berge stimmt dem Antrag des Bauherrn auf Befreiung/Abweichung von den Festsetzungen der 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 10 „Gewerbegebiet Lingener Straße“ in Berge hinsichtlich der Befreiung von den bisher zulässigen max. 2 Wohnungen je Wohngebäude auf insgesamt 4 Wohnungen gemäß § 31 Absatz 2 BauGB zu.