Mit der
großzügigen Ausweisun g von Wohnbauland und Gewerbeflächen weist der ländliche
Raum einen überdurchschnittlich hohen Flächenverbrauch auf. Darüber hinaus
stellt die Konversionsproblematik insbesondere ländliche Räume vor große
Herausforderungen. Vor dem Hintergrund des zu erwartenden Leerstandes der
Pommernkaserne hat sich die Samtgemeinde Fürstenau seit April 2006
an dem REFINA-Projekt „Entwicklung eines partizipativen Bewertungs- und Entscheidungsverfahrens
für ein nachhaltiges Flächenmanagement im ländlichen Raum am Beispiel von
Konversionsflächen in ausgewählten Kommunen“ beteiligt. Das Forschungsvorhaben läuft am 30.06.2009 aus.
Ziel des Forschungsverbundes ist die Erarbeitung eines Bewertungs- und
Entscheidungsverfahrens, das Kommunen in ähnlichen Situationen bei der
Bewältigung der Leerstands- und Brachflächenproblematik zu helfen. Gleichzeitig
haben sich durch die Arbeit des Forschungsverbundes aber schon jetzt drei konkrete
Ergebnisse für die Samtgemeinde Fürstenau ergeben:
A) Im
Rahmen des Forschungsvorhabens wurde ein EinwohnerInnenbeirat installiert.
B) Es wurde ein Leitbild für die
Samtgemeinde Fürstenau erarbeitet.
C) Die Arbeit des Forschungsverbundes hat in
der Bevölkerung und in der Politik das Bewusstsein für das Thema „Fläche“
nachhaltig gestärkt.
A) Im April 2007 wurde der so genannte EinwohnerInnenbeirat „Gläserne
Konversion“ eingerichtet. Die Zusammensetzung erfolgte aus VertreterInnen der
wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen der Samtgemeinde und sollte
repräsentativ sein. Aus entsprechenden Listen (z.B. Vereinslisten,
Unternehmensdatenbank etc.) wurden per Losverfahren die TeilnehmerInnen
ausgelost.
Neben der Diskussion und Bewertung des laufenden
Forschungsvorhabens, hat sich der Einwohnerbeirat insbesondere die Erarbeitung
eines Leitbildes für die Samtgemeinde Fürstenau zur Aufgabe gemacht. Mit Ende
des Forschungsvorhabens im Juni 2009 endet auch die Amtszeit des
EinwohnerInnenbeirats. Zahlreiche Einwohnerinnen und Einwohner haben sich
intensiv eingebracht. Das Leitbild für die Samtgemeinde Fürstenau wurde nach
engagierter Tätigkeit des EinwohnerInnenbeirats fertig gestellt.
Die bisherigen Mitglieder des EinwohnerInnenbeirat haben mit großer Mehrheit beschlossen, die bisherige Arbeit mit Abschluss des Forschungsprojekts nicht auslaufen lassen zu wollen, sondern einen EinwohnerInnenbeirat bzw. BürgerInnenforum in der Samtgemeinde Fürstenau einrichten zu wollen. Hierfür sprechen folgende Argumente:
· Ein EWB funktioniert unabhängig von Politik, stellt für die Politik aber eine Entlastung dar.
· Die Hemmschwelle, schwierige Themen zu diskutieren, ist im EWB niedriger als in anderen Gremien.
· Der EWB bietet Freiraum für Kreativität.
· Der EWB ermöglicht eine sektorübergreifende Vernetzung, die es in anderen Ausschüssen nicht gibt.
· Der EWB hat offene Grenzen, ist transparent und bietet Raum für persönliche Anliegen.
Auch die Organisation und Struktur des zukünftigen EinwohnerInnenbeirates
wurde intensiv diskutiert, wobei folgende erarbeitet wurde:
· Der EWB ist offen für jeden und das Forum für politisch unabhängige Diskussionen. Es muss aber an die Politik andocken, damit auch eine politische Verantwortlichkeit besteht.
· Der EWB diskutiert und unterbreitet dem „Ausschuss für Innovation und Entwicklung“ Vorschläge. Der Ausschuss fasst Beschlüsse, die er dem Samtgemeinderat zur Abstimmung vorlegt.
· Es wird ein Sprecher /Ansprechpartner und ein Stellvertreter gewählt.
· Die Moderation kann an 2 Personen in Moderationsausbildung vergeben werden.
· Es wird von jeder Sitzung ein Protokoll verfasst (rotierendes System?), dass dann per Emil verteilt und öffentlich ausgelegt wird.
· Mit der Verwaltung ist zu klären, ob sie die Kopierarbeiten und die Verteilung der Protokolle sowie den Versand der Einladungen übernimmt.
· Mit der Einladung zur konstituierenden Sitzung werden die verschiedenen Gruppen angeschrieben. Die öffentliche Ankündigung erfolgt über die Tageszeitung und, um einen größeren Streueffekt zu erreichen, zusätzlich in der Juli - Ausgabe von „Fürstenau-Aktiv“
· Die nächsten Sitzungen finden in regelmäßigen Abständen statt.
· Es sind Themenvorschläge für die kommenden Sitzungen zu sammeln. Das Leitbild bildet auch weiterhin den thematischen Schwerpunkt des Bürgerforums.
· Zu klären ist, ob zu einzelnen Themen Spezialisten aus dem EWB/Bürgerforum in den Ausschüssen vortragen können.
·
Um eine möglichst große Akzeptanz zu erreichen, schlägt die
Verwaltung vor, einen Beschluss zur Bildung des EinwohnerInnenbeirates /
BürgerInnenforums zu fassen.
B) In einem zweitägigen Leitbildworkshop am 16. und 17. Mai 2008 und in den Sitzungen des EinwohnerInnenbeirat haben sich die EinwohnerInnen intensiv mit der Ausarbeitung eines Leitbildes für die Samtgemeinde Fürstenau beschäftigt.
Zielsetzung war dabei,
·
was sich bis 2025 in
der Samtgemeinde und in der Region tun kann und soll,
·
nach welchen
Wertmaßstäben und Richtschnüren (Leitlinien) Entscheidungen für die Samtgemeinde
künftig fallen sollten und
·
wie sich die
Flächennutzung in Zukunft entwickeln soll.
Das Leitbild soll ein „realistisches Idealbild“ symbolisieren, also ein Leitbild, an dem sich das Handeln in der Samtgemeinde Fürstenau orientiert. Nicht alle Punkte des Leitbildes können kurzfristig realisiert und finanziert werden, sondern die langfristige Ausrichtung steht im Vordergrund. Wichtig ist, dass das Leitbild von Rat, Verwaltung, Wirtschaft, Institutionen, Vereinen sowie den Einwohnerinnen und Einwohnern getragen wird. Das Leitbild richtet sich an alle, die sich in der Samtgemeinde Fürstenau engagieren wollen. Das Leitbild soll orientieren, motivieren und werben. Es gibt die Orientierung insbesondere für Rat und Verwaltung und richtet alle Aktivitäten auf gemeinsame Ziele aus. Obwohl das Leitbild abstrakt formuliert wurde, lassen sich daraus strategische und operative Ziele ableiten, deren Erreichung überprüft werden kann und soll. Sie geben grundlegende Orientierungen selbst für das Tagesgeschäft. Es wirbt nach außen für die Samtgemeinde und die Mitgliedsgemeinden, indem es den gesellschaftlichen Auftrag, die Visionen und die Werte der Kommune formuliert, mit denen man die Samtgemeinde Fürstenau und die Mitgliedsgemeinden, deren Handeln und das ihrer Einwohnerinnen und Einwohner identifizieren kann.
Das Leitbild ist für den Zeitraum 2008 bis 2025 erarbeitet worden. Es soll in jeder Wahlperiode unter Einbindung des EinwohnerInnenbeirats diskutiert und entsprechend der veränderten Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Erfordernisse weiterentwickelt werden.
C) Auch die Samtgemeinde Fürstenau steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen, die durch das Altern bei gleichzeitiger Abnahme der Bevölkerung sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen bedingt sind. Unter dem Aspekt der Reduzierung des Flächenverbrauchs und unter Berücksichtigung von Baulandprognosen setzt sich die Samtgemeinde das Ziel, die Grundlagen für eine lebenswerte, sich wirtschaftlich gut entwickelnde Kommune zu schaffen bzw. zu erhalten. Dabei soll die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung berücksichtigt werden. Diese zielt darauf ab, einerseits die Flächeninanspruchnahme durch neue Siedlungs- und Verkehrsflächen zu vermindern und andererseits auf eine qualitative Verbesserung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke hinzuwirken.
Zum
Abschluss des Forschungsvorhabens soll durch einen Grundsatzbeschluss
festgelegt werden, dass innerhalb der Samtgemeinde künftig ein nachhaltiges
Flächenmanagement durchgeführt wird. Der Beschluss
legt fest, dass künftig grundsätzlich Wohnbau- und Gewerbeflächen durch
Innenentwicklung, Flächenrecycling und Umnutzung gewonnen werden. Eine
Neuausweisung auf „der grünen Wiese“ soll damit grundsätzlich ausgeschlossen
werden. Da es durch ganz besondere Umstände Ausnahmesituationen geben kann,
sind in Einzelfällen Ausnahmen zulässig. Dieses soll gewährleisten, dass
beispielsweise sinnvolle Neuansiedlungen von Gewerbebetrieben dort geschehen,
wo eine Beeinträchtigung von Wohngebieten ausgeschlossen ist. Dieses
rechtfertigt ggfs. die Neuausweisung von Gewerbeflächen.
Neuausweisungen von „Wohnbauflächen“ sind ebenfalls
„grundsätzlich“ nicht gestattet. Falls wider Erwarten eine starke Nachfrage
nach Wohnbaugrundstücken entstehen sollte, darf eine Weiterentwicklung
selbstverständlich nicht verhindert werden. Falls im Innenbereich eine Nachfrage
nicht gedeckt werden kann, ist auch hier ausnahmsweise eine zusätzliche
Flächeninanspruchnahme möglich.
Der Beschluss formuliert die Reaktion auf die ohnehin
bekannte Leerstandsproblematik sowohl im Bereich Gewerbeimmobilien, aufgrund
der demografischen Entwicklung aber auch zunehmend im Bereich Wohnimmobilien.
Die Samtgemeinde verdeutlicht damit auch nach außen, dass sie die
Problemstellung erkannt hat und sich ihrer annimmt. Bereits vorhandene Entwicklungsplanungen
sollten durch diesen Grundsatzbeschluss jedoch nicht behindert werden. Durch
die Formulierung „Ausweisung neuer Flächen“ wird sicher gestellt, dass
zukünftig für die Beplanung neuer Baugebiete enge Voraussetzungen angesetzt
werden, ohne jedoch die Erschließung bereits geplanter Baugebiete zu behindern.
(Wagener) |
(Kolosser) |
(Selter) |
Fachbereich 5 |
Fachdienst III |
Samtgemeindebürgermeister |
Anlage
Beschlussvorschlag:
zu A) In der Samtgemeinde Fürstenau wird ein EinwohnerInnenbeirat / BürgerInnenforum gebildet,
welches den Samtgemeinderat und die Räte der Mitgliedsgemeinden bei der Vorbereitung
der Beschlüsse unterstützt. Zudem dient es als Bindeglied zwischen Rat,
Verwaltung und Einwohnerinnen und Einwohnern. Organisatorisch wird der EWB dem
Ausschuss für Entwicklung und Innovation angegliedert. Die Verwaltung wird
beauftragt, den EWB bei der Abwicklung seiner
Sitzungen zu unterstützen.
zu B)
Der vorliegende Entwurf des Leitbildes der Samtgemeinde Fürstenau für 2009 bis
2025 wird als Leitbild für die Samtgemeinde Fürstenau beschlossen.
zu C) Im Sinne einer nachhaltigen
Entwicklung und eines schonenden Umganges mit den natürlichen Ressourcen wird
die Samtgemeinde Fürstenau ein nachhaltiges Flächenmanagement durchführen.
Das
bedeutet u. a.,
- dass der künftige Bedarf an
Flächen der Samtgemeinde für Wohnen grundsätzlich ohne die Ausweisung neuer
Flächen durch Innenentwicklung, Flächenrecycling sowie Umnutzung gedeckt wird;
- dass Gewerbeflächen
grundsätzlich ohne die Ausweisung neuer Flächen durch Innenentwicklung,
Flächenrecycling sowie Umnutzung gedeckt werden sollen, soweit dies mit den
Ansprüchen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse vereinbar ist und den
Zielen einer nachhaltigen Ortsentwicklung entspricht.
Ausnahmen von diesen Grundsätzen sind unter Einbindung des EinwohnerInnenbeirats und unter Berücksichtigung des Leitbildes sowie der öffentlichen Kosten und Nutzen abzuwägen.
Finanzielle Auswirkungen:
Es entstehen keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen.
(Weymann)
Fachdienst II